Die Initiative Unternehmensimmobilien hat ihren neuen Marktbericht vorgestellt. Demnach haben Projektentwickler auf den seit längerem akuten Flächenmangel reagiert: Bereits nach dem ersten Halbjahr 2020 zeichnet sich für das Gesamtjahr ein neuer Rekord mit rund 2,2 Millionen Quadratmeter fertiggestellten Flächen von Unternehmensimmobilien ab. 2019 wurden 1,3 Millionen Quadratmeter fertiggestellt, das wäre eine Steigerung um 66 Prozent. Zugleich war auch das Transaktionsvolumen mit mehr als 1,2 Milliarden Euro im ersten Halbjahr ausgesprochen hoch – und das, obwohl sich internationale Akteure auffallend zurückhielten. Mit Abstand am begehrtesten waren erneut Gewerbeparks.
Artikel
von Tim-Oliver Frische
Hohes Neubauvolumen vor allem bei Produktionsimmobilien
Unter den 2,2 Millionen Quadratmetern neu fertiggestellter Flächen finden sich vor allem viele Produktionsimmobilien, so Ralf-Peter Koschny, Vorstand bei bulwiengesa. „Gerade Eigennutzer bauen im großen Stil. Dadurch kann auch die Befürchtung, dass womöglich das Angebot die Nachfrage übersteigen könnte, ausgeräumt werden. Wir beobachten gespannt, wie groß der Anteil dieser Objekte sein wird, die in nächster Zeit durch Sale-and-Leaseback-Transaktionen dem Investmentmarkt zugeführt werden.“
Bereits im ersten Halbjahr 2020 nehmen die Fertigstellungen in den Kategorien Lager- und Produktionsimmobilien mit 89 Prozent den Großteil der Unternehmensimmobilien ein. Während bei den Lagerimmobilien im langjährigen Mittel ein Rückgang von rund 32 Prozent zu verzeichnen ist, gewinnen Produktionsimmobilien an Bedeutung und schneiden 17 Prozent besser ab als im fünfjährigen Schnitt. Das Rekordergebnis bei Produktionsimmobilien lässt sich auf eine außergewöhnlich hohe Anzahl von Projekten zurückführen, die in diesem Jahr fertiggestellt werden. Charakteristisch für diese Projekte ist ebenfalls eine große Varianz der jeweiligen Flächengrößenklassen. Die Fertigstellungszahlen von Gewerbeparks ziehen ebenso an. Auch wenn sie im ersten Halbjahr nur 9 Prozent der Fertigstellungen ausmachen, nehmen sie in der fünfjährigen Betrachtung stetig zu (+ 15 Prozent). Damit kann dem Wunsch nach Multi-Tenant-Objekten entgegengekommen werden.
Hohes Transaktionsvolumen, aber internationale Akteure zögerlich
Bei einem Transaktionsvolumen von mehr als 1,2 Milliarden Euro konnte im ersten Halbjahr das zweithöchste Halbjahresvolumen registriert werden – trotz der deutlichen Zurückhaltung internationaler Akteure. Damit ist der Start in das Jahr trotz aller negativen Vorzeichen bemerkenswert positiv ausgefallen. Lediglich 2017 konnte in einem ersten Halbjahr ein höheres Volumen verzeichnet werden. Die Betrachtung der Vorjahre zeigt, dass in der zweiten Jahreshälfte in der Regel höhere Investments getätigt wurden und somit in diesem Jahr trotz der Corona-Pandemie ein erneutes Rekordjahr erreicht werden könnte.
Während 2017 und 2019 der Anteil internationaler Akteure am Transaktionsmarkt für Unternehmensimmobilien überdurchschnittlich war, schienen sich internationale Akteure im ersten Halbjahr 2020 deutlich zurückzuhalten. Der Rückgang steht aller Wahrscheinlichkeit nach mit der unsicheren Situation rund um COVID-19 in Zusammenhang. Bei europäischen Akteuren nahmen die anteiligen Käufe um 16 Prozent und bei nordamerikanischen Akteuren um 11 Prozent im Vergleich zum Vorjahr ab.
Deutsche Akteure seien aktuell stärker bereit, mit Unternehmensimmobilien zu handeln, so Ralf-Peter Koschny. „Ihr Anteil im ersten Halbjahr lag bei 86 Prozent. Auch 2016, als die Europäische Zentralbank den Leitzins auf null Prozent gesenkt hatte, war das Interesse ähnlich stark – viele sahen sich nach Anlagealternativen um, die nicht jeder auf dem Schirm hat, beflügelt durch vergleichsweise hohe Renditen bei zugleich hoher Flächennachfrage. Deutsche Investoren haben einen Heimvorteil. Sie sind mit dem hiesigen Markt vertraut und können noch vor europäischen und internationalen Akteuren auf sich verändernde Rahmenbedingungen reagieren.“
Im Vergleich nahm der Anteil deutscher Akteure aktuell beim Kauf um 28 Prozent zu, bei Verkäufen um 19 Prozent. So ein hoher Anteil wurde im gesamten Betrachtungszeitraum seit 2013 noch nicht beobachtet.
Investmentvolumen nach Objektkategorie in Mio. Euro
- Transformationsimmobilien 0 0%
- Gewerbeparks 903,4 100%
- Lagerimmobilien 197 22%
- Produktionsimmobilien 143,6 16%
Investments in Gewerbeparks mit überragendem Anteil
Mit Ausnahme der Gewerbeparks (+ 60 Prozent) und den Lagerimmobilien (+ 31 Prozent) büßten zuletzt Objektkategorien wie Transformationsimmobilien (- 100 Prozent) und Produktionsimmobilien (- 56 Prozent) im Vergleich zum 5-Jahres-Schnitt an Transaktionsvolumen ein. Gewerbeparks sind die am stärksten gehandelte Objektkategorie im ersten Halbjahr 2020. Mit rund 903 Millionen Euro Transaktionsumsatz vereinen sie knapp 73 Prozent des gesamten Investmentvolumens auf sich. Im Mittel der vergangenen fünf Jahre wurden rund 1,13 Milliarden Euro pro Jahr in Gewerbeparks investiert. Dieses beachtliche Niveau wurde zum ersten Halbjahr 2020 zu 80 Prozent bereits erreicht. Der Rest der Investments teilt sich auf Lager- (16 Prozent) und Produktionsimmobilien (12 Prozent) auf.