Im Zuge der Coronakrise 2020 zeigt sich klarer denn je, dass die Logistik ein unverzichtbares Element der Weltwirtschaft ist. Und dabei geht es um weit mehr als nur den bloßen E-Commerce-Handel im Sinne von Amazon oder Zalando. Die Logistik wird in jeglichen Wirtschaftsbereichen gebraucht, ob Belieferung der Supermärkte oder auch der Transport wichtiger medizinischer Ausstattung von Krankenhäusern. Die seit Jahren anhaltende hohe Nachfrage nach Logistikflächen hat im vergangenen Jahr einen neuen Schub erhalten.
2020 wurde CBRE zufolge auf dem Logistikimmobilienmarkt ein Flächenumsatz von 6,9 Millionen Quadratmetern durch Vermietungen und Eigennutzungen erreicht. Dass die Zahlen in den zurückliegenden zwölf Monaten nicht noch höher ausfielen, liegt weniger am Mieterinteresse, sondern ist vor allem durch das beschränkte Angebot an verfügbaren Flächen begründet. Gerade in Metropolregionen sorgt der Flächenmangel für Herausforderungen.
Zudem kommt es zu einem Reibungspunkt zwischen Gewerbe und Kommunen. Die Städte erhoffen sich die Revitalisierung von brach liegenden Industriearealen, die Schaffung von Arbeitsplätzen sowie Erträge durch Gewerbesteuern. Die Anwohner hingegen stehen zumeist skeptisch einem geplanten Gewerbe- und Logistikprojekt direkt „vor der Haustür“ gegenüber. Die Sorge vor unansehnlichen Betonklötzen und lautem Lieferverkehr ist groß.
Deshalb gilt es aus Sicht der Immobilienentwickler, vor allem eine gute Kommunikation zu betreiben und den Nutzen der Gewerbe- und Logistikobjekte zu vermitteln. Denn wer regelmäßig sein Shopping ins Internet verlegt und auch gerne den Supermarkt täglich mit frischen Waren bestückt sehen will, der ist auf die entsprechenden logistischen Vorgänge angewiesen. Besonders wichtig ist dies in Zeiten der Reurbanisierung, in der die Städte immer weiter organisch wachsen. Zu wenig Logistikflächen wirken sich letztlich negativ auf die urbane Lebensqualität aus.
Gastbeitrag
von Philipp Oevermann
Director Logistics bei Segro in Deutschland
Mehrwerte schaffen
Über diesen indirekten Nutzen hinaus können die Liegenschaften sogar einen direkten Nutzen für die Anwohner der Gemeinde schaffen. Beispielsweise wenn es sich bei einer solchen Immobilie nicht nur um ein reines Logistikzentrum mit einem einzelnen Nutzer handelt, sondern um einen gemischt genutzten Gewerbe- und Logistikpark mit einem Mieterbesatz aus zahlreichen Branchen, der auf Ebene der Kommune für ein vielseitigeres Jobangebot sorgt und sich obendrein in Form einer Kantine für alle oder allgemein zugänglicher Freizeitangebote nach außen öffnet.
Und auch wenn Gewerbe- und Logistikimmobilien aufgrund des stattfindenden Lkw-Verkehrs auf den ersten Blick als wenig umweltverträglich gelten, kann die Immobilie selbst und auch der Betrieb dieser inzwischen sehr nachhaltig gestaltet sein. Dieser Aspekt der Umweltfreundlichkeit ist für die meisten Bürger nicht mehr nur ein netter Bonus, sondern ein notwendiges Kriterium für die Akzeptanz eines geplanten Gewerbe- und Logistikobjekts.
Brownfield-Redevelopments nützen sowohl Kommunen als auch Mietern
Ein wichtiger Aspekt für Städte und Kommunen ist die Wirtschaftskraft von Gewerbe- und Logistikimmobilien. Dies lässt sich vor allem durch Brownfield-Redevelopments umsetzen: Für die Kommune wird alten Gewerbegebieten neues Leben eingehaucht. Für die Mieter ergibt sich die Möglichkeit, innerstädtische Flächen zu beziehen. Wenn ehemalige Brachflächen zu Unternehmensstandorten werden, sorgen diese für neue Arbeitsplätze vor Ort und erfüllen zudem einen wichtigen Aspekt – auch den der sozialen Nachhaltigkeit, da historisch wichtige Areale ein Nachnutzungskonzept erhalten.
Mittels flexibler Flächenkonzepte innerhalb der Objekte sind die Immobilien für die unterschiedlichsten Branchen interessant, was für eine hohe Mietauslastung sorgt. Von einer solchen Infrastruktur profitieren Anwohner direkt, da auch kleinere Dienstleister sich dort ansiedeln. Für die Mieter besteht die Möglichkeit, die Flächen je nach Wirtschaftslage anzupassen. Hilfreich hierfür ist allerdings eine produktive und langfristige Zusammenarbeit zwischen Vermieter, Mieter und Kommunen.
6,9 Mio. m²
Flächenumsatz wurde laut CBRE 2020 durch Vermietungen und Eigennutzungen erreicht.
Nachhaltigkeit langfristig denken
Je nach Schwerpunktsetzung der Kommune und der Mieter können gleich während der Bauphase wichtige Nachhaltigkeitsziele umgesetzt werden. Fehlt es beispielsweise an einer modernen Elektro-Infrastruktur für das Aufladen von E-Fahrzeugen, könnten rechtzeitig Ladesäulen so eingeplant und installiert werden, dass diese auch Anwohnern zugänglich sind. Genauso wichtig sind Maßnahmen zur Stärkung der lokalen Biodiversität. In Deutschland finden sich immer häufiger Bienenvölker und Nisthöhlen auf den Arealen von Gewerbe- und Logistikimmobilien. Darüber hinaus können heimische (ausgewachsene) Bäume auf dem Areal gepflanzt werden, um ebenfalls zur Biodiversität beizutragen.
Aber auch bei der Auswahl der Baumaterialien existieren wichtige Stellschrauben in Sachen Nachhaltigkeit: Beispielsweise lässt sich Holz sowohl für die Außenfassade als auch für die Dachbalken verwenden. Beides reduziert die gebäudeimmanenten CO2-Ausstöße (Embodied Carbon). Dadurch lassen sich auf 22.500 Quadratmeter Nutzfläche rund 260 Tonnen CO2 gegenüber Betonträgern und 340 Tonnen gegenüber Stahlträgern einsparen. Für eine vollständige Klimaneutralität lassen sich zusätzlich Photovoltaik-Paneele auf dem Dach installieren, die einen Energieüberschuss erzeugen.
Fazit:
Während sich Kommunen produzierendes Gewerbe mit vielen Arbeitsplätzen und Gewerbesteuererträge wünschen, sind es für Bewohner dieser Ortschaften andere Merkmale, auf die sie ihr Augenmerk legen. Die Aufgabe der Entwickler von Gewerbe- und Logistikimmobilien besteht also darin, sowohl den eigenen Interessen als auch denen der Kommunen und der Anwohner nachzukommen. Wichtig ist daher eine Projektkonzeption, welche eine breite Akzeptanz schafft. Hilfreich hierfür ist es, in einen konstruktiven und kontinuierlichen Dialog zu treten, welcher auf mögliche Vorbehalte gegenüber einem Projekt reagiert.