Ramp One: Herr Sander, was hat TCC auf dem deutschen Immobilienmarkt vor?
Mario Sander: Mit Bürostandorten in Frankfurt am Main, Hamburg und Wien und einem Top-Team sind wir für die Zukunft sehr gut aufgestellt. Wir hatten einen erfolgreichen Start mit Investitionen für Grundstücksentwicklungen in Neuruppin, Brandenburg, sowie einige vielversprechende und fortgeschrittene Deals in unserer Pipeline. Eine weitere Expansion in anderen Anlageklassen (Office, Multi-Family, Residential), ähnlich dem US-Modell von TCC, ist für die nächsten Jahre in Europa geplant.
Interview
von Tim-Oliver Frische
Welche Attraktivität strahlt von deutschem Markt aus?
Der deutsche Markt steht weiterhin für Stabilität und Planbarkeit. Mit der geographischen Lage im Herzen von Europa und einer Population von mehr als 80 Millionen Einwohnern wird der Logistikstandort auch in Zukunft von großer Attraktivität für Nutzer, Investoren und Entwicklern sein. Gespannt beobachten wir auch die Neuausrichtung von zukünftigen modernen Supply Chains, die eher Richtung Dezentralisierung (Nearshoring), Produktverfügbarkeit und Nähe zum Kunden gehen. Gepaart mit einem gesunden Wachstum im Bereich E-Commerce ergeben sich dadurch sehr interessante Opportunitäten für Logistikansiedlungen in Deutschland und Österreich.
Wie gehen Sie mit folgenden Stichwörtern um: schleppende Digitalisierung, die Folgen der Corona-Krise, der Krieg in Europa und die damit verbundenen Unsicherheiten in der Energieversorgung, die hohe Inflation und vor allem der starke Zinsanstieg – all dies belastet die (deutsche) Immobilienbranche…
Keine Frage, wir leben in einer Zeit von vielen Unsicherheiten. Die Immobilien- und auch Baubranche hinken in Bezug auf Digitalisierung anderen Branchen weit hinten nach. Da gibt es Aufholungsbedarf und der Property-Tech-Bereich ist mit innovativen Lösungen proaktiv unterwegs. Ich persönlich sehe das viel diskutierte Thema der Künstlichen Intelligenz (KI) eher als zukünftigen Mehrwert für die Immobilien- und Baubranche. KI kann auch das Kundenerlebnis bei der Immobilienentwicklung verbessern, indem sie personalisiertere Empfehlungen und virtuelle Besichtigungen von Immobilien bereitstellt. Darüber hinaus kann KI zur Verwaltung und Wartung von Gebäuden eingesetzt werden, wodurch die Betriebskosten gesenkt und die Gebäudeeffizienz verbessert werden kann.
Bezüglich der Corona-Krise war die Logistikbranche ja einer der Gewinner. Im Gegenteil zur Office- oder Retail-Asset-Klasse ist die Logistik mittlerweile zum Liebkind der Anleger geworden.
Und die Auswirkungen des Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine…
… haben wir bis jetzt eigentlich sehr gut gemeistert, der Supergau ist nicht eingetreten. Die Auswirkungen, die wir in den letzten zwölf bis 15 Monaten zu spüren bekommen haben, waren drastische Anstiege der Baupreise durch die hohe Inflation und ein sehr rasches Umsteigen von typischen Heizungslösungen mit Gas auf Wärmepumpenlösungen mit erneuerbaren Energien.
Und der Zinsanstieg?
Wir sind noch mittendrin in einer Phase, wo der Kapitalmarkt sehr vorsichtig ist. Die rasch steigenden Zinsen und makroökonomische Unsicherheiten werden uns noch eine Zeit lang begleiten. Dennoch betrachten wir – als Neueinsteiger im Markt (ohne altes Vermächtnis) – die rasche Marktkorrektur als positiv und freuen uns, aktiv in neue und smarte Projekte zu investieren.
„Die Immobilien- und auch Baubranche hinken in Bezug auf Digitalisierung anderen Branchen weit hinten nach.“
Im brandenburgischen Neuruppin entstehen derzeit die ersten Logistikimmobilien von TCC in Deutschland. (Foto: TCC)
Wie sehen in diesem Zusammenhang Ihre Überlegungen zur Nachhaltigkeit des Mietwachstums auf dem deutschen Logistikmarkt aus?
Getrieben vom sehr geringen Leerstand und der hohen Inflation sind die Mieten in fast allen Standorten in den vergangenen 12 Monaten um circa 10 bis 20 Prozent gestiegen. Wir sehen dieses Mietwachstum mit etwas Vorsicht. Konkret glauben wir, dass für 2023 an Top-Standorten ein Mietwachstum im hohen einstelligen Bereich zu erwarten ist, erwarten jedoch ab 2024 eine leichte Entspannung. Dies auch im Zusammenhang mit einer Inflationserwartung von 3 bis 5 Prozent ab 2024. Jedoch kann die grundsätzliche Flächenknappheit im Markt und das derzeitige geringere spekulative Neubauvolumen bei immer noch sehr hoher Nachfrage die Mietsteigerungen längerfristig auf hohem Niveau belassen. Natürlich werden diese hohen Mietsteigerungen von Nutzern kritisch betrachtet und bei Gesprächen mit Logistiknutzern während der Transport- & Logistik-Messe in München äußerten sich einige führende 3PL-Unternehmen zum Teil auch eher zurückhaltend beim Thema Neugeschäfte in Bezug auf die aufgerufenen Mieten.
Das S in ESG wird immer wichtiger: Wie wollen Sie Logistikanlagen zum Wohlfühlen realisieren?
Um einen nachhaltigere und verantwortungsbewusstere Logistik Branche zu fördern, sind soziale Aspekte innerhalb des ESG-Spektrums für uns ganz oben auf der Agenda. Bei unseren Planungen und Umsetzungen für Logistikentwicklungen berücksichtigen wir unterschiedliche soziale (ESG) Aspekte. Schon in der Frühphase der Landakquise und in den Gesprächen mit Grundstücksverkäufern, Kommunen und Wirtschaftsförderungen ist es wichtig, auf diese Punkte speziell einzugehen. Hier sind einige Beispiele:
- Wir schaffen für unsere Nutzer Arbeitsbedingungen, die den Arbeits- und Gesundheitsstandards entsprechen. Dazu gehören ergonomische Arbeitsplätze, angemessene Pausen- und Freizeiträume und Möglichkeiten zur persönlichen Entfaltung der Mitarbeiter.
- Wir legen großen Wert auf die Sicherheit und ergreifen Maßnahmen, um Unfälle und Verletzungen in Logistikimmobilien zu vermeiden. Dazu gehören das Bereitstellen von Sicherheitsausrüstung und die regelmäßige Wartung von Maschinen und Anlagen.
- Unsere Logistikimmobilien sollen auch positive Auswirkungen auf die umliegende Gemeinschaft haben. Wir fördern lokale Partnerschaften, um Bildungs- oder Beschäftigungsmöglichkeiten für die lokale Bevölkerung zu schaffen. Darüber hinaus können sie umweltfreundliche Praktiken unterstützen, wie beispielsweise den Einsatz von sauberen Energien oder die Förderung von nachhaltigen Transportlösungen.
Gewähren Sie uns bitte einen Schulterblick. Was liegt gerade auf Ihrem Schreibtisch?
Notebook, Bildschirm und Mobiltelefon. Kein Papier, außer einem Notizblock. Ich versuche, meine tägliche Arbeit so digital wie möglich zu gestalten. Dinge, die mich täglich beschäftigen, sind die strategische Entwicklung von TCC in Deutschland und Österreich, die laufenden Projekte und Pipeline und natürlich die positive Entwicklung von unserem Team und dass wir gemeinsam Spaß mit unserem täglichen Job haben können.
ist Geschäftsführer und Leiter der Logistik für die Trammell Crow Company Deutschland und Österreich mit Unternehmenssitz in Frankfurt. Er ist für die Gesamtleitung, Strategie, Beschaffung, Akquisition und Finanzierung der Immobilienentwicklungen verantwortlich. Bevor er zu TCC kam, war Mario Sander als Geschäftsführer für Zentraleuropa bei Mountpark tätig. Darüber hinaus besetzte er verschiedene Führungspositionen bei DHL Supply Chain, Prologis, Transporeon und Zech Group (Deutsche Logistik Holding). Mario Sander hat in ganz Europa und Asien gelebt und gearbeitet. Somit verfügt er über eine langjährige Expertise im Lieferkettenmanagement und in der Immobilienentwicklung. Den Kundenbedarf zu verstehen, die beste Lösung zu liefern und dafür zu sorgen, dass erfahrene Teams zusammenkommen – so beschreibt er seinen Ansatz für ein erfolgreiches Unternehmen. Neben seinem Berufsalltag betreibt Mario gerne Ausdauersport und erkundet interessante Orte dieser Welt.