Weil wir in der Pandemie bewiesen haben, dass Logistik und Logistikimmobilien sexy sind, lautet die Antwort von Frank Schmidt, Gründer und Geschäftsführer des Logistikdienstleisters Trans Service Team (TST) aus Worms, auf die Frage, warum Logistikimmobilien Applaus verdient haben. „Weil sie eine Versorgungsfunktion haben und attraktive Arbeitsplätze bieten“, ergänzt Stephanie Habacker-Arndt, geschäftsführende Gesellschafterin der Habacker Holding, die Logistik- und Industrieimmobilien entwickelt, baut und managt. „Und weil sie viel besser und wichtiger sind als ihr Ruf“, fügt Alexander Handschuh, Sprecher des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB), hinzu.
Logistikimmobilien sind systemrelevant, das habe sich in der Pandemie gezeigt und darin waren sich die Branchenexperten bei Ramp One, der von der DVV Media Group Mitte Mai veranstalteten digitalen Konferenz für Logistikimmobilienentscheider, einig. Zwar sei es selten, dass man als Logistikimmobilienentwickler Applaus erhalte, aber darauf komme es auch nicht an, konstatiert Jan Dietrich Hempel, Geschäftsführer der Hamburger Garbe Industrial Real Estate, Entwickler von Logistik- und Industrieimmobilien. „Wenn wir keine Logistikimmobilien hätten, müssten wir uns unsere eigene Kloschüssel töpfern“, sagt er pointiert und meint, dass Logistik eine absolut notwendige Grundfunktion unserer Gesellschaft erfüllt – das gelte pandemieunabhängig.
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von Nicole de Jong
Die Sorge vieler, dass es keine Flächen mehr gebe, teilt Hempel nur bedingt, und die Frage, wo überhaupt noch Logistikimmobilien entwickelt werden dürfen, stellt sich für ihn nicht. „Logistik ist flexibel und wird daher in Zukunft Metropolregionen und Logistik-Hotspots, die teuer geworden sind und wo auch punktuell Flächenmangel herrscht, nicht mehr so häufig bespielen“, betont er. Die teureren Grundstücke werden seiner Meinung nach künftig zunehmend vom besser zahlenden E-Commerce aufgenommen. Kontraktlogistik oder Speditionen werden in frühere B- und C-Lagen ausweichen. Auch das Thema Brownfield-Entwicklung ist Hempels Ansicht nach noch nicht zu Ende. Es findet eine Verlagerung statt, die die Flächenknappheit an den Hotspots kompensiert.
In der Entwicklung von Logistikimmobilien sieht der Experte allerdings eine höhere Komplexität und Angreifbarkeit. Das Problem: „Kommunen folgen eher dem Wunsch als der Nachfrage“, sagt er. Bei Projekten treten verschiedene Player auf, etwa Genehmigungsbehörden, die seiner Ansicht nach zielorientiert handeln, und Lokalpolitiker, die ebenso zielorientiert und weitestgehend rational agieren. „Sie planen zwar manchmal auch ein bisschen am Bedarf vorbei, aber man kann mit ihnen reden.“ Und dann sei da noch die Öffentlichkeit. Hier spielen direkte Nachbarn und Einzelaktivisten eine größere Rolle, deren Ziele mitunter diffus und irrational seien. „Mit ihnen Vereinbarungen zu treffen, ist oft unmöglich“, erzählt er aus Erfahrung. Nicht selten täten sich die sogenannten Nimbys (Not in my backyard) mit Interessengruppen wie Naturschützern zusammen, „deren Ziele wir zwar keineswegs ignorieren, die aber aus unserer Sicht oft wirtschaftsfeindlich agieren“.
Häufig entstehe aufgrund von Unwissenheit Angst. „Wir haben 2007 ein Grundstück gekauft und sahen uns dann mit einer danach gegründeten Bürgerinitiative konfrontiert, die die Logistikansiedlung verhindern wollte“, erinnert sich Habacker-Arndt. „Wir mussten schauen, wie wir das Problem lösen. Fragen von regional betroffenen Bürgern zeigten, dass sie gar nicht wussten, worum es geht“, erzählt sie. Es herrschte die Meinung, Logistik sei hässlich, schmutzig und verursache sehr viel Verkehr. Man habe darauf reagiert, Bürger wurden eingeladen, sich Kontraktlogistikhallen anzuschauen. „Wir haben Zugeständnisse gemacht, Rad- und Wanderwege gebaut, die Hallenhöhe reduziert und Grünanlagen gestaltet“, fügt sie hinzu. Was befürchtet wurde, sei nicht eingetreten. Im Gegenteil: „Viele Mitglieder der damaligen Bürgerinitiative arbeiten heute selbst dort und profitieren von dem Logistikpark“, sagt Habacker-Arndt.
Auch heute könne derlei noch passieren, doch haben Kommunen laut DStGB-Sprecher Handschuh den Wert von Logistik inzwischen erkannt. „Die Vorurteile sind weniger geworden, das Verständnis ist gewachsen“, sagt er. Teil der Erfolgsgeschichte sei es, miteinander zu sprechen, Probleme im Dialog zu lösen und darüber zu informieren, wo Vorteile und Chancen liegen. Auch die Kompromissbereitschaft sei größer. Das sei ein positives Resultat aus der Pandemie, in der die Logistikwirtschaft gezeigt hat, „dass sie zeitnah die Versorgung sicherstellen kann und dass wir dafür die entsprechende Infrastruktur brauchen“, resümiert Handschuh. Allerdings, so wendet Hempel ein, könne der Dialog nicht erst dann geführt werden, wenn der Bau beginnen soll, sondern muss schon erfolgen, wenn Flächen umgewidmet werden. Er moniert, dass Kommunen häufig durch alte Bebauungspläne oder Artenschutz- und Umweltgutachten formal angreifbar sind. Es gelte, digitale Chancen zu nutzen sowie Pläne und Informationen gut aufbereitet und für jedermann abrufbar ins Netz zu stellen. Hempel: „Transparenz ist die Basis für Akzeptanz.“
Eine mögliche Antwort aus Sicht des Immobilienentwicklers sei, die Hausaufgaben anderer zu machen und eine eigene Due-Dilligence-Prüfung anzustellen, um relevante Risiken zu identifizieren und einzuschätzen. Alles in allem sei die Situation aber gar nicht so schlimm. „Wir haben noch genug Grundstücke und finden auch immer noch welche“, sagt Hempel und empfiehlt den Hoffnungsträger „Pampa“, also Flächen, die eher in der Peripherie liegen, da Logistik auch anpassungsfähig sei. Und: „Diese Grundstücke sind noch finanzierbar“, sagt er und meint weiter: „Man muss nicht in spezielle Lagen gehen, wo vorher bekannt ist, dass es Probleme gibt.“ Überdies empfiehlt Hempel den Hoffnungsträger Brownfield, denn Industriebrachen bilden auch in Metropolen noch eine wesentliche Ressource, deren Aufbereitung physisch und juristisch abgeklärt sei.