Explodierende Baukosten, steigende Zinsen, Lieferschwierigkeiten und Handwerkermangel – das Umfeld für die Entwicklung von Logistikimmobilien ist rauer geworden. Stephanie Habacker-Arndt und Navid Thielemann, geschäftsführende Gesellschafter der HabackerHolding+ThielemannGroup, werden in den nächsten Monaten in Bayern und NRW dennoch in neue Immobilienprojekte investieren. Ihr Fazit: Angesichts langfristiger Entwicklungen bleiben nachhaltige Logistikimmobilien ein wertvolles Asset. Wer weitsichtig plant, für den lohnt es sich, zu investieren.
Die Verteuerung der Finanzierung und die rasant gestiegenen Baukosten haben in den letzten Monaten viele Neubauplanungen und Projekte verzögert oder zum Erliegen gebracht. Auch der Online-Handel, der für seinen hohen Bedarf an Logistikflächen bekannt ist, schwächelt. Während in Pandemiezeiten der E-Commerce einen nie gekannten Boom verzeichnete, vermeldete der Branchenverband BEVH für 2022 erstmals einen Rückgang um 8,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Grund sei „die aktuelle Verunsicherung der Menschen verbunden mit gestiegenen Lebenshaltungskosten und eine spürbare Kaufzurückhaltung vor allem bei nicht unmittelbar notwendigen Dingen.“
Gastbeitrag
von Stephanie Habacker-Arndt und Navid Thielemann
Dennoch lohnt es sich zu investieren. Denn statt auf kurzfristige Verwerfungen zu schauen, lohnt sich ein Blick auf die künftigen Entwicklungen und Megatrends. Der bilanzielle Lebenszyklus von Logistikimmobilien umfasst rund 30 Jahre – jetzt bauen, heißt sich auf neue Zeiten einzustellen.
Megatrends – nicht kurzfristig, sondern weitsichtig planen
Die neuen geopolitischen Realitäten sowie überlappende Krisen werden die Lieferketten in den nächsten Jahren und Jahrzehnten weiter verändern. In Deutschland und Europa ist der Bedarf an Industrie- und vor allem an Lagerflächen massiv gestiegen – auch, weil sich die Wirtschaft unabhängiger machen wird. Der Wunsch nach mehr Resilienz sowie höhere Sicherheitsanforderungen lassen den Bedarf an Lagerkapazitäten auch in Zukunft weiterhin steigen. Ausschließlich Just-in-Time ist zu risikoanfällig geworden. Zu einem Umdenken hat auch die Corona-Pandemie beigetragen – seitdem wird der versorgungsstrukturelle Nutzen von Logistik und ihren Immobilien in unserer Gesellschaft höher bewertet.
Darüber hinaus ist der Transformationsprozess zu ressourcenfreundlichen Produktionsprozessen und Immobilien gerade erst angelaufen. Dass er noch viele Jahre, wahrscheinlich Jahrzehnte weiterlaufen wird, dafür sorgen die angestrebten und dringend umzusetzenden Klimaziele, die politisch gesetzten ESG-Kriterien sowie entsprechende Voraussetzungen im Rahmen von Finanzierungen. Es wird also weiterhin einen hohen Bedarf an neuen und vor allem nachhaltigen Logistikimmobilien geben.
E-Commerce weiter auf dem Vormarsch
Auch der E-Commerce wird weiterhin ein Megatrend bleiben. Laut BEVH lag der Online-Handel im Jahr 2022 noch immer mit 24,5 Prozent im Plus, verglichen mit den Umsätzen vor Corona (2019). Verbessern sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Konsumstimmung, wird der E-Commerce wieder überdurchschnittlich wachsen.
Denn der schnelle, bequeme Einkauf ist heutzutage nicht mehr wegzudenken. Dabei ist eine hohe Warenverfügbarkeit wichtiger Dreh- und Angelpunkt. Wer ein Produkt online kaufen möchte und eine Lieferzeit von sechs bis acht Wochen angezeigt bekommt, der kauft woanders, wo es schneller geht. Über moderne und nachhaltige Logistikimmobilien lässt sich die Bevölkerung effizient und ressourcenschonend mit E-Commerce-Produkten versorgen. Die Logistikimmobilie von heute ist der neue Einzelhandel von morgen.
Logistikimmobilien: Nachfrage trotz Herausforderungen ungebrochen hoch
Dennoch ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Projektentwicklung aufgrund der hohen Zinsen und Baukosten stark unter Druck steht. Zum Teil können die Kosten durch ein höheres Mietniveau von den Mietern getragen werden. Ob das in allen Lagen der Fall sein wird, bleibt abzuwarten. Denn an Top-Standorten wie München wurde in diesem Jahr die Marke von zehn Euro pro Quadratmeter bereits geknackt. Aber es muss nicht immer München sein: Immer öfter sind B-Lagen die neuen A-Lagen – etwa am Rand von Großstädten oder an Autobahnen, die attraktiv, gut angebunden und erschwinglicher sind.
Die Nachfrage nach Industrie- und Logistikimmobilien ist seit Langem sehr hoch, der Flächenmangel wird seit Jahren beklagt. Die rückläufige Bautätigkeit wird das Problem eher verschärfen als lindern.
Neue und nachhaltige Logistikimmobilien werden ein wertvolles Asset bleiben – um sie zu schaffen, bedarf es in Deutschland allerdings beschleunigter Planungs- wie Genehmigungsverfahren und oftmals weniger Bürokratie.
Denn die Absicherung der Lieferketten und der logistischen Infrastruktur ist wichtiger denn je. Dies lässt sich aber oft nur realisieren, wenn ein erhöhter Kostenaufwand – auch bei den Immobilien – akzeptiert und eingepreist wird.