Wachstum, aber bitte nachhaltig – das ist das Ziel von Unternehmen über alle Branchen hinweg. Doch wie funktioniert das? Die Logistikimmobilienbranche wird neue Herausforderungen meistern müssen.
Alles deutet auch in Zukunft auf eine positive Geschäftsentwicklung. Für den Lager- und Logistikbereich belegen Makleranalysen Rekorde bei Neubau- und Eigennutzerumsatz. Die Attraktivität der Regionen Rhein-Ruhr, Rhein-Main, Hamburg, München und vor allem Berlin ist ungebrochen – und das Interesse von Investoren an Logistikimmobilien als Assetklasse lässt nicht nach.
Gastbeitrag
Senior Vice President, Country Manager Germany bei Prologis
Zwischen Bedarf und Flächenfraß
Für das künftige Wachstum braucht es allerdings geeignete Flächen mit idealer Verkehrsanbindung und dem Zugang zu Arbeitskräften. Für Zentrallager des (Online)-Handels sind meist großflächige Entwicklungen erwünscht, kleinere Flächen in zentraler Lage für die Lieferung auf der letzten Meile sind aber ebenso gefragt. Um Flächen konkurriert die Logistik mit vielen anderen Branchen. Flächenfraß und die Versiegelung von Grünflächen sollen dabei vermieden werden. Es ist nachvollziehbar, dass Gemeinden und Städte deshalb recht kritisch prüfen, wem und für welche Nutzung sie Flächen überlassen.
Auf Vorhandenes setzen
Wie gehen Immobilienentwickler mit dieser Situation um? Indem das genutzt wird, was bereits da ist: Das bedeutet, Bestandsimmobilien zu kaufen und zu modernisieren, Brownfields zu revitalisieren, und die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft zu berücksichtigen. Deren Fokus liegt darauf, Ressourcen kontinuierlich wiederzuverwenden, um unter anderem Abfall zu reduzieren. Baumaterialien werden hierbei hinsichtlich ihres Materialpasses und ihrer künftigen Wiederverwertbarkeit überprüft.
Eine Herausforderung bei Brownfields und Bestandsgebäuden ist allerdings die Datenlage – denn Informationen zu den verbauten Materialien, Altlasten und bisherigen Verbräuchen sind nicht immer leicht zugänglich. Das macht eine nachhaltige Modernisierung aufwändig und teuer. Trotzdem lohnt es sich, diese anspruchsvolle Aufgabe gemeinsam mit anderen Akteuren der Immobilienbranche anzugehen – für einen weiteren Schritt hin zu einer klimaneutralen Zukunft.
„In der Immobilienentwicklung setzt sich die Erkenntnis durch, dass es nicht damit getan sein wird, den künftigen Nutzern ein Gebäude zu übergeben, das theoretisch energieeffizient oder CO₂-neutral betrieben werden kann.“
Björn Thiemann
Senior Vice President, Country Manager Germany bei Prologis
Berater für Dekarbonisierung
Doch nicht nur Gemeinden, sondern alle Beteiligten erwarten hohe Standards: Immobiliennutzer, die Nachhaltigkeit in ihrer Unternehmensstrategie verankert haben und mehr denn je darauf achten, ihre Lagerflächen möglichst energieeffizient zu betreiben. Endkunden, die immer häufiger hinterfragen, wie nachhaltig Lieferketten und Produkte sind.
Und das ist auch gut so – angesichts Klimakrise, knapper Ressourcen und geopolitischer Spannungen, die uns zeigen, dass der Zugang zu Energie, Materialien und Rohstoffen eben doch nicht so selbstverständlich ist, wie wir das in vielen Ländern bisher dachten.
In der Immobilienentwicklung setzt sich die Erkenntnis durch, dass es nicht damit getan sein wird, den künftigen Nutzern ein Gebäude zu übergeben, das theoretisch energieeffizient oder CO2-neutral betrieben werden kann. So stellen wir zwar die Weichen für eine klimaneutrale Zukunft. Damit das Gebäude aber auch tatsächlich klimaneutral betrieben wird, sollten wir als Immobilienexperten gemeinsam mit den Nutzern Dekarbonisierungslösungen entwickeln.
Dazu gehören Smart-Metering-Konzepte, um damit den Energie- und Ressourcenverbrauch von Immobilien und ihren Nutzern im Blick zu behalten und zu optimieren, eine verstärkte Erzeugung und Nutzung erneuerbarer Energien, die Entscheidung für nachhaltiges Design bei Neubauten und die Unterstützung des Übergangs zu emissionsarmen Fahrzeugen.
ESG-Transformation
Mit den verschärften Nachhaltigkeitsvorgaben der EU, festgelegt in der EU-Taxonomie-Verordnung von Juli 2020, stiegen die Erwartungen an nachhaltiges Agieren weiter an – bei Immobiliennutzern, Entwicklern und Investoren. Wenn Immobilienentwickler in den Bereichen Umwelt, Soziales und Corporate Governance, kurz ESG, hohe Standards setzen, hilft dies institutionellen Aktionären und privaten Kapitalpartnern, ESG in ihre Investitionsprioritäten zu integrieren und auf neue regulatorische Anforderungen zu reagieren.
Immobilienentwickler selbst können ESG-Aspekte bei Finanzierungsaktivitäten und der Vergütung von Führungskräften berücksichtigen. Sie können in Technologie- und Datenprojekte zur besseren Bewertung von Klimarisiken investieren. Sie können sich für Technologien zur Reduzierung von Abfällen sowie Software zur Berechnung von Treibhausgasemissionen im Zusammenhang mit Transporten durch Dritte stark machen.
All dies sind Bausteine auf dem Weg in eine klimaneutrale Zukunft, in der für Immobilienentwickler und Logistiker weiteres Wachstum möglich ist.
Klimaneutral bis 2040
Prologis hat sich verpflichtet, bis zum Jahr 2040 Netto-Null-Emissionen zu erreichen, unterstützt durch Zwischenziele wie das Erreichen einer CO2-neutralen Konstruktion für jedes neu entwickelte Gebäude bis 2025. Das Unternehmen beabsichtigt, bis 2025 eine Solarenergiekapazität von 1 GW zu installieren, unterstützt durch Batteriespeicher. Geplant ist zudem die Installation von 100 Prozent LED-Beleuchtung in allen Lager- und Büroflächen bis 2025 – erreicht sind davon bis heute 57 Prozent.
In Deutschland hat Prologis 2021 ein Portfolio mit 11 Immobilien in Berlin und dem Ruhrgebiet erworben – und trat damit in den Berliner Logistikmarkt ein. Die insgesamt 548.200 Quadratmeter befinden sich in vorwiegend innerstädtischen Lagen. 2022 folgte ein weiteres Portfolio mit 11 Immobilien und insgesamt 260.000 Quadratmetern in Rhein-Ruhr, Berlin, Rhein-Main, Rhein-Neckar, Hannover, Ulm und Regensburg. Geplant ist, die Bestandsimmobilien schrittweise zu modernisieren, so dass sie den hohen Nachhaltigkeitsanforderungen gerecht werden und den Nutzern einen energieeffizienten Betrieb ermöglichen. Prologis hat zudem ein Büro in Berlin eröffnet und ist nun in allen Regionen Deutschlands präsent, um den Kunden vor Ort zur Verfügung zu stehen.
Über Björn Thiemann
Björn Thiemann ist Senior Vice President, Country Manager Germany bei Prologis. Seit Juli 2020 verantwortet er alle Geschäfts- und Entwicklungsaktivitäten von Prologis in Deutschland. Er verfügt über rund 20 Jahre Erfahrung in der Immobilienbranche und war unter anderem für Union Investment Real Estate und Deka Immobilien Investment aktiv.