Steigende Mieten- und Grundstückspreise, längere Vorlaufzeiten bei Anmietungsprozessen beziehungsweise Standortentscheidungen sowie längere Mietvertragslaufzeiten: Darauf und mehr werden sich die Beteiligten in der Logistikimmobilien-Branche zukünftig einstellen müssen, prognostiziert Bastian Hafner, Head of Logistics & Industrial Advisory bei BNP Paribas Real Estate, im Interview mit Ramp One.
Ramp One: Herr Hafner, steuern wir dieses Jahr in Deutschland auf einen Flächenrekordumsatz zu?
Bastian Hafner: Vor dem Hintergrund der sich zunehmend verbessernden Rahmenbedingungen, sowohl was den Pandemieverlauf als auch was die Konjunkturerholung betrifft, ist auch für das zweite Halbjahr von einer starken und tendenziell eher noch steigenden Nachfrage auszugehen. Als Zielmarke für den Jahresumsatz rückt deshalb die Sieben-Millionen-Quadratmeter-Schwelle zunehmend in den Fokus. Ob sie nach 2018 das zweite Mal überschritten werden kann, bleibt aber noch abzuwarten und wird nicht zuletzt auch von der weiteren Angebotsentwicklung mitbestimmt.
Interview
von Tim-Oliver Frische
Wie passt das zusammen, wenn wir ständig lesen und hören, dass es keine Flächen mehr gibt?
Grundsätzlich muss man hierbei differenzieren. Es ist richtig, dass sowohl die Grundstücks- und die Bestandsflächenverfügbarkeit als auch die „Projektentwicklungspipeline“ in den großen Logistik-Hubs angespannt ist. Außerhalb dieser großen Hubs gibt es weiterhin Flächen, allerdings nimmt das Angebot aufgrund verschiedener Großanmietungen unter anderem aus dem E-Commerce-Sektor auch in diesen Regionen ab. Das „Brownfield“ ersetzt immer mehr das „Greenfield“ und somit sprechen wir über längere Vorlaufzeiten, bis Flächen wieder dem Markt zur Verfügung gestellt werden können. Die Nachfrage ist in vielen Regionen größer als das Angebot. Das Neubauflächenangebot wird, vor allem in den Kernmärkten, oftmals bereits in der Bauphase vom Markt wieder absorbiert.
Auf was müssen sich die Player der Branche in der Zukunft einstellen?
Steigende Mieten- und Grundstückspreise, längere Vorlaufzeiten bei Anmietungsprozessen beziehungsweise Standortentscheidungen und längere Mietvertragslaufzeiten müssen zukünftig wohl eingeplant werden.
Sehen Sie neue Logistikregionen am Horizont?
Nicht unbedingt neue, eher alte Bekannte. Die Standorte außerhalb der großen Logistik-Hubs haben von der guten Nachfrage profitiert. In den 12 Logistikregionen, die wir zusätzlich zu den Ballungsräumen regelmäßig analysieren, wurden in den ersten 6 Monaten rund 900.000 Quadratmeter erfasst und diese konnten somit ihren Umsatz binnen Jahresfrist verdoppeln. Zu diesen Regionen zählen beispielsweise starke Standorte wie Bremen, Hannover, Münster, Osnabrück, Magdeburg und Kassel.
Was passiert in und mit den tradierten Logistikregionen?
Die traditionellen Logistikregionen werden auch weiterhin stark nachgefragt werden, allerdings muss aufgrund der eingeschränkten Grundstücksverfügbarkeiten zwangsläufig auf Regionen außerhalb der Top-Logistikregionen ausgewichen werden.
In die Höhe bauen und Brownfield-Entwicklungen – sind das die Treiber der Zukunft?
Brownfield-Entwicklungen sind beziehungsweise werden weiterhin verstärkt einen Treiber darstellen. Vor dem Hintergrund der steigenden Bodenwerte werden wir neben den Brownfield-Entwicklungen sicherlich an den Top-Standorten häufiger mehrgeschossige Entwicklungen sehen.
Die Bundesrepublik strebt die Flächenversieglung von heute rund 60 Hektar pro Tag bis 2050 auf Netto-Null an. Gibt es ab 2050 dann nur noch den Hebel „Bestandspflege“?
Neben der „Bestandspflege“ werden aus unserer Sicht auch über 2050 hinaus Neuentwicklungen auf revitalisierten Flächen einen Hebel darstellen.
„Als Zielmarke für den Jahresumsatz rückt die Sieben-Millionen-Quadratmeter-Schwelle zunehmend in den Fokus.“
Bastian Hafner
Head of Logistics & Industrial Advisory bei BNP Paribas Real EstateWären wir beim Thema Nachhaltigkeit …
Nachhaltige Logistik- und Industrieimmobilien sind zunehmend gefragt, und Zertifizierungen haben sich inzwischen als wichtiges Kriterium bei der Auswahl geeigneter Objekte etabliert. Diese Dynamik befeuert sowohl die Endkunden als auch die Lieferanten, indem sie verstärkt Nachhaltigkeitsstandards zukünftig einfordern werden. Dazu gehören bei Logistikern neben immer effizienteren Fuhrparks auch ressourcenschonende Immobilien.
Sehen das die Investoren auch so?
Ja. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund von Klimazielen und Sustainable Finance legen auch immer mehr Investoren Wert auf Nachhaltigkeitsaspekte bei Gebäuden. Dabei spielen Zertifikate insbesondere beim Neubau eine erhebliche Rolle.
Wie sieht das im Bestand aus?
Hier dominieren heute eher Benchmarking-Tools, um ein Portfolio nach ESG-Kriterien zu optimieren und auf die Anforderungen der Investoren und des Gesetzgebers zu reagieren. Im Jahr 2020 lag der Anteil der zertifizierten Objekte am jährlichen Logistik-Investmentvolumen bereits bei 21 Prozent.